<253> geriet man auf den unheilvollen Ausweg, die Richterämter feilzubieten, um mit dem Ertrag die Freiheit des Landesfürsten zu erkaufen. Der Freilassung Franz' I. folgten beinahe ununterbrochen Kriege, unter seinen Nachkommen entbrannten innere Unruhen und Bürgerkriege. So wurden die Monarchen verhindert, die Schuld einzulösen, mit der sie noch heut im Finanzwesen wirtschaften.

Das Unglück Frankreichs hat es gewollt, daß Ludwig XV. bis auf unsere Tage sich in keiner günstigeren Lage befand als seine Vorfahren. Das hat ihn gehindert, den Besitzern der Richterstellen die beträchtlichen Darlehen zurückzuzahlen, die sie in Unglückszeiten vorgeschossen hatten. Muß man sich also an Ludwig XV. halten, wenn der alte Mißbrauch noch nicht abgeschafft werden konnte? Ohne Zweifel sollte Has Recht, über das Los der Bürger zu entscheiden, nicht für Geld erhältlich sein. Anklagen darf man aber deswegen nur jene, die den Mißbrauch einführten, nicht einen König, der schuldlos daran ist. Und wenn die Mißbräuche auch fortbestehen, so wird der Verfasser nichtsdestoweniger gezwungen sein, zuzugeben, daß man das Pariser Parlament in Wahrheit nicht der Pfiichtvergessenheit beschuldigen kann und daß die Käuflichkeit der Ämter auf die Rechtsprechung keinen Einfluß geübt hat.

Der Verfasser sollte sich lieber über die verwirrende Menge von Gesetzen beschweren, die von Provinz zu Provinz wechseln, während sie in einem Staat wie Frankreich einfach und gleichförmig sein müßten. Ludwig XIV. wollte die Reform der Gesetze durchführen, doch Hindernisse jeder Art hielten ihn ab, das Werk zu vollenden. Unser Autor wisse denn, wenn er's noch nicht weiß, und begreife, wenn er kann, daß unendliche Mühen und immer neue Hemmungen dem bevorstehen, der an gewohnheit-geheiligte Bräuche rühren will. Man muß sich in unabsehbare Einzelheiten vertiefen, um den inneren Zusammenhang so verschiedenartiger Dinge klarzustellen, die durch den Gang der Zeit geformt wurden. Wer heute an sie rührt, gerät in MißHelligkeiten, die schlimmer sind als das Übel, dem man abhelfen will. Hier gilt das Wort: Kritik ist leicht, aber schwer ist die Kunst.

Treten Sie jetzt näher, Herr Generalkontrolleur der Finanzen, und Sie, meine Herren Finanzbeamten: die Reihe ist nun an Ihnen. In schlechter Laune ereifert sich der Verfasser gegen die Steuern, gegen die Erhebung der öffentlichen Gelder, gegen die Lasten, die das Volk trägt und die es, wie er behauptet, erdrücken, gegen die Steuerpächter, gegen die Verwalter der Einkünfte. Ihnen insgesamt wirft er Unterschleife, Erpressung und Raub vor. Recht schön — wenn er Beweise bringt. Da ich aber beim Lesen gegen seine ewigen Übertreibungen mißtrauisch ward, hege ich den Argwohn, daß er die Dinge gewaltig aufbauscht, um die Regierung verhaßt zu machen. Das Beiwort vom barbarischen Tyrannen, das sich in seinem Geist untrennbar mit der Vorstellung vom Königtum verbindet und das er, so oft er kann, mittelbar auf seinen Herrscher anwendet, macht mir die Gutgläubigkeit seiner Deklamationen verdächtig. Sehen wir nun, ob er die Dinge kennt, über die er spricht, und ob er sich die Mühe genommen hat, den Sachverhalt zu untersuchen.